Nachdem uns unsere Liebe zum Reiseland Polen erst vor ein paar Wochen u.a. in die Hauptstadt Warschau und ins polnische Amsterdam, nach Bromberg, geführt hatte (gerne hier nachlesen…), ging es dieses Mal neben Krakau (Krakow), Breslau (Wroclaw) auch ins schlesische Kattowitz (Katowice), Hauptstadt der Woiwodschaft Schlesien. Mit rund 300.000 Einwohnern war die Stadt bisher eher durch den Bergbau bekannt, ihre Lage im oberschlesischen Industrierevier. Schon seit längerem macht sich die Region, wie die deutschen Bergbaustädte auch, Gedanken um ihre Zukunft. Die aussterbende Zunft wird nun touristisch aufgewertet, Schwerpunkte werden verlagert. 2018 war sie Sitz der UN-Klimakonferenz, seit 2014 besitzt sie eines der schönsten Konzerthäuser Polens, Hauptsitz des Nationalen Symphonieorchesters des Polnischen Rundfunks. Das äußere Erscheinungsbild ist eine Referenz an die traditionelle Verwendung des Sichtziegels in der Region, der uns später auch wieder in der ehemaligen Bergarbeitersiedlung Nikiszowiec (Nickischschacht) begegnet. Für die Akustik, die als eine der besten in Europa gilt, zeigt sich der Japaner Yasuhisa Toyota verantwortlich, spätestens seit seinem Akustikdesign für die Hamburger Elbphilharmonie in aller Munde.
Das ganze Areal lohnt einen Besuch, neben und um das Konzerthaus entstand ein attraktiver, öffentlicher Raum samt Park mit über 450 Bäumen, zwei Plätzen, einem Labyrinth, einem Brunnen und zwei Plätzen. Gleich gegenüber die „Untertasse“, der Spodek, eine Mehrzweckhalle, die bis heute für große Sportveranstaltungen und Konzertevents genutzt wird.
Absolut beeindruckend dann der Besuch des Schlesischen Museums, das sich aus den historischen Gebäuden des ehemaligen Bergwerks Katowice und aus einem Komplex moderner Objekte unter der Erdoberfläche zusammensetzt. Das österreichische Architekturbüro Riegler Riewe hat das Konzept des Hauptgebäudes entworfen. U.a. gibt es Dauerausstellungen zur polnischen Kunst von 1800 bis zur Nachkriegskunst, zur schlesischen religiösen Kunst und ein „Labor der Theaterräume“. Für uns war vor allem die Abteilung „Licht der Geschichte – Oberschlesien im Verlauf der Geschichte“ hochinteressant. Die Ausstellung erzählt die Geschichte Oberschlesiens seit seiner weit zurückliegenden Vergangenheit bis zur politischen und wirtschaftlichen Wende 1989, u.a. konzentriert man sich auf die Fragen der komplizierten schlesischen Identität – eine Zeitreise in polnischer und deutscher Geschichte, mit sehr viel Liebe zum Detail präsentiert.
Anschließend fuhren wir nach Nikischschacht, die historische Bergbausiedlung im Osten der Stadt, ein architektonisches Unikat, bis heute eine kompakte Welt für sich, mit Altem Rathaus, Postgebäude, einer Schule, einigen Geschäften, der Sankt-Anna-Kirche, Bäckerei und dem Restaurant „Slaska Prohibicja“, das dann all unsere Erwartungen übertroffen hat. Die Speisekarte bietet sowohl polnische Spezialitäten wie auch internationale Klassiker, die Weinkarte offeriert erfreulicherweise neben internationalen Positionen auch polnischen Wein (probieren Sie unseren Lieblingswein Solaris vom Weingut Turnau), der Service sehr zuvorkommend und dann das Ambiente – einfach zum Wohlfühlen und sitzenbleiben… Insgesamt entwickelt sich Nikischschacht immer mehr zum attraktiven Wohnraum für junge Familien und Künstler, es ist „in“. Für uns hieß es am Spätnachmittag aber wieder „Aufbruch“ – wir hatten noch etliche Stationen im Riesengebirge, die wir mal wieder besuchen wollten.
Unser Fazit: Kattowitz lohnt auf jeden Fall einen Besuch. Wer eine Kulturreise plant, kann die drei Philharmoniestandorte Breslau, Kattowitz und Krakau kombinieren. Wer noch eine zusätzliche Nacht in Kattowitz einplant, kann am nächsten Tag in Schloss Pless sogar Räume besichtigen, in denen schon Kaiser Wilhelm II. während des Ersten Weltkrieges gewohnt hat. Im hier und jetzt sind Sie dann wieder in Tyskie angekommen, wo Sie die weltbekannte Brauerei besuchen, wo Sie selbstverständlich auch ein Glas Bier verkosten.