Kirsten und Hartmut Wolff unterwegs im Iran.
Nachdem mein Mann und ich im letzten Jahr Armenien auf unserer Reiseagenda hatten, ging es im Mai für eine Woche in unsere neue Destination Iran, also ins alte Persien, wie das Land bis 1953 hieß. Seit der politischen Entspannung zieht es von Jahr zu Jahr mehr Reisende in das Land an der ehemaligen Seidenstraße, das voller Gegensätze steckt, nicht nur im politischen und sozialen Sinn, sondern auch geographisch. Es verfügt über grandiose Landschaften von heißen Wüsten zu Regionen mit üppiger Vegetation, von einladenden Küstenstrichen zu Bergen mit ewigem Eis. Neben der islamischen Kultur und Architektur hat uns vor allem die Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit der Bewohner überrascht und fasziniert. Ständig wurden wir fotografiert bzw. wollte man sich mit uns fotografieren lassen, wenn wir auf die Frage unserer Herkunft antworteten, hieß es immer wieder „Aleman good“.
Die erste Station unserer Reise war Shiraz, das 1.540 Meter hoch liegt und wegen seiner vielen Gärten und Parks als „Stadt der Rosen und Nachtigallen“ bezeichnet wird. Nach einem Besuch der farbenprächtigen Nasir-al-Molk-Moschee statteten wir dem Vakilkomplex mit Basar, Karawansereien, Badehäusern und Moscheen einen Besuch ab. Wir fühlten uns wie in der Heimat der Geschichten aus 1.001 Nacht, das lebhafte Treiben mit den vielen Händlern im Basar zog uns in seinen Bann – und das am Wochenende, das im Iran am Donnerstag/Freitag statt findet. Immer wieder bieten sich Cafes für eine kleine Pausen an. Unser Hotel lag im Zentrum nahe der Festung Karim Khan.
55 km nördlich von Shiraz besuchten wir dann Persepolis (Stadt der Perser), das von König Darius I. um 518 als Repräsentationshauptstadt Parsa gegründet wurde. Heute ein UNESCO-Welterbe, damals ein Spiegelbild der Macht und Pracht des Perserreichs, das sich mal von Ägypten bis zum heutigen Pakistan erstreckte. Die Dimensionen sind unglaublich, alleine die doppelläufige Freitreppe mit jeweils 111 Stufen vermittelt schon die Bedeutung dieser Palastanlage.
Unsere Erwartungen zu Isfahan waren durch Erzählungen sehr, sehr hoch, und wir wurden nicht enttäuscht, zählt die Stadt doch zu den schönsten der Welt. Zentrum ist der Imamplatz, nach dem Tiananmen-Platz in Peking der größte, aber sicherlich einer der schönsten Plätze der Welt. Früher diente er nicht nur Paraden, sondern auch dem Polospiel, das übrigens schon im 6.Jh. v.Chr. in Persien von den Achämeniden gespielt wurde. Die Siose-Pol- (33-Bogen-Brücke) und die Pole-Khaju-Brücke (zweigeschossig) zogen uns völlig in ihren Bann, nicht nur als architektonische Meisterleistungen, sondern vor allem als Treffpunkt von jung und alt. Es wird geflirtet, es wird musiziert und gesungen. Junge Familien fotografieren sich mit ihren Handys, fast alle mit Selfiestangen. Und auch hier, wie schon in Shiraz bemerkt: eine unglaublich hohe Anzahl von bildhübschen Frauen, von denen wir eher den Eindruck hatten, dass sie sehr selbstbewusst sind und ihr Frausein auch betonen. Und hier bin ich schon bei den beiden absoluten „Auflagen“ einer Iranreise: striktes Alkoholverbot und ein Kopftuch/Schal für die Damen. Aber der Variantenreichtum, diese zu tragen, ist unglaublich – gerade die Jungen tragen ihn nur noch am Hinterkopf, und insgesamt ist die Kleiderordnung schon lockerer, als es viele Reiseführer noch immer vermitteln. Lassen Sie sich von uns berichten, wie es wirklich ist! Aber nun zurück nach Isfahan: einen ganzen Tag hätten wir im Großen Basar verbringen können, Teppiche aller Preisklassen, Seidentücher, handbedruckte Tischdecken, filigrane Silberarbeiten, Gewürzstände (Safran) und Kupferwaren laden zum Handeln ein. Natürlich durften der Besuch der Imanmoschee, des Tschehel Sotunpalastes und der Vankmoschee auch nicht fehlen…
Auf der Fahrt von Isfahan in die Hauptstadt Teheran machten wir einen Stopp in Kashan, einst Sitz reicher Kaufleute, das durch eine Vielfalt an traditionellen Bürgerhäusern mit verschwenderischer Ausstattung beeindruckt. Und selbst an diesem Tag, auf der Fahrt durch die Salzwüste, haben wir bei einem Halt an einer „Raststätte“ festgestellt: man isst überall gut im Iran, die Vielfalt ist zwar nicht unendlich groß, aber die Qualität sehr gut. Als Vorspeise gibt es immer eine große Anzahl an frisch angemachten Salaten, das traditionelle Lavashbrot, das uns schon in Armenien so gut geschmeckt hat, und dann als Hauptgericht eine Variation von Fleischspießen, Gulaschgerichten und Fisch. Auch hier können wir somit alle eventuell bestehenden Vorurteile ausräumen.
Unverzichtbar ist allerdings eine gute Seele, wie wir sie in unserem Reiseleiter Hossein hatten, der uns die ganze Reise begleitet hat. In seinem richtigen Leben als Professor für Politologie an der Teheraner Universität tätig, gab er uns einen umfassenden Einblick in die Geschichte des Landes, auch während der Pahlavidynastie, einen Grundkurs im Islam einschl. der Hierarchie der Geistlichen, und in die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung.
Zum Abschluss dann Teheran, die quirlige Hauptstadt, die mit ihrer Umgebung ca. 20 Millionen Einwohner hat. Zu den Höhepunkten unseres Besuchs zählten sicherlich der Golestanpalast, einst Sitz der Könige der Qajaren, zuletzt Krönungsstätte von Mohammad Reza Shah 1967, das Khomeinimausoleum, das Berichten zufolge 2 Milliarden US-Dollar verschlungen hat und das Juwelenmuseum in einem Nebengebäude der Zentralbank, das eine der bedeutendsten Sammlungen der Welt beinhaltet. Wer erinnert sich nicht an die Krone, die Farah Diba bei der Krönung trug? Den letzten Abend verbrachten wir dann bei einem schönen Essen im Drehrestaurant des Miladturms in 276 Meter Höhe, dem neuen Wahrzeichen der Stadt. Iran – ein Traumreiseland, am liebsten würde ich morgen wieder hinfliegen…
Juni 2016